Die Batterien der Trailcam waren fast verbraucht, und die Infrarot-LEDs haben die eingestellten 20 Sekunden nicht mehr schaffen können. Doch für diese wunderbaren sieben Sekunden Wolf war es absolut passend. An manchen Stellen ist unser Land Brandenburg wirklich noch recht wild, und genau diese Flecken – versteckt zwischen Kiefern-Monokulturen – sind dann Balsam für die wilde Seele in uns.
Autor: Alexander Marx
Wolf ca.30 km südlich von Brandenburg an der Havel
Wir hatten im Juli mit den Kindern der Ferienfahrt zwei Wildtierkameras installiert. Nach drei Tagen kamen wir zurück, um die Kameras einzusammeln. Die Freude war groß, denn die Kamera 1 hatte einen Hasen und ein Eichhörnchen gefilmt! Als wir dann die zweite Kamera abnahmen, war die Freude nicht minder groß, denn ein schöner Grauer war auf der Speicherkarte. Für die Kinder und für uns ein beglückender Moment.
Endlich, die neue Webseite geht online!
Nach fleißiger Arbeit ist es nun endlich soweit – hier ist die neue Webseite der Wildnis- und Naturschule Havelland!
Traditioneller Bogenbau
Der Bogenbau ist eines der ältesten Handwerke der Welt und war in fast jeder Kultur vertreten. Die zur Verfügung stehenden Materialien ließen die verschiedensten Bögen entstehen. In unserem Kurs werdet ihr in Handarbeit und mit traditionellen Werkzeugen wie Ziehmesser, Raspel, Hobel und Ziehklinge einen eigenen Bogen fertigen und währenddessen von einem erfahrenen Bogenbauer begleitet. Während der Arbeit lernt ihr den Werkstoff Holz und die Handhabung der Werkzeuge immer besser kennen sowie wichtige Details wahrzunehmen deren Erkennen die Arbeit erleichtern können. Vorkenntisse in der Holzbearbeitung sind nicht notwendig, jedoch solltet ihr Geduld und etwas Ausdauer mitbringen. Angefangen mit einem grob vorbereiteten Rohling bis hin zum Feinschliff und der Oberflächenbehandlung werdet ihr Schritt für Schritt zum Ziel kommen, sodass jeder am Ende seinen ganz eigenen schussbereiten Bogen und dazu zwei Pfeile mit nach Hause nehmen kann.
Der Kurs findet im Wildniscamp, also im Freien statt. Wir werden gemeinsam am Feuer kochen und im eigenen Zelten übernachten. Bei Regen haben wir die Möglichkeit, unter einer Überdachung zu arbeiten.
Der Kurs wird begleitet von Johann (Wildnispädagoge, Bogenbauer, Tischlermeister) und Alex (Camp Logistik).
Teilnehmer-Feedback
„Abgesehen davon, dass die Wildnisschule für mich die inspirierenste, herausfordernste, humorvollste und nachhaltigste „Schule“ in meinem Leben war (Hausaufgaben waren ein Genuss!!), waren diese Wochenenden eine wirkliche Gelegenheit meinem innersten Wesen nahe zu sein oder näher zu kommen. Das einfache und ehrliche Leben in der Gemeinschaft mit und in der Natur ist purer Reichtum!“
Elke Maierhöfer, Weiterbildung Wildnispädagogik (2013 – 2014)
„Die Wildnispädagogik hat mir viele kleine Türen gezeigt, wie ich in das, was ich dachte zu kennen, nun selbst hineinkomme. Wenn ich aus der heutigen Sicht schaue, hatte ich das ‚Aquarium‘ vorher meist nur von außen betrachten können. Mir wurden nun Wege mitten hinein gewiesen, und gezeigt, wie man sich dort verhält. Vielen Dank für den guten Einstieg in dieses wilde Zeug!“
Marko Szobries, Weiterbildung Wildnispädagogik (2013 – 2014)
„Als Sonderschullehrerin an einer Berliner Grundschule hadere zunehmend mit dem Deutschen Schulsystem. Alt, verstaubt, nicht kindgerecht und schon gar nicht gehirngerecht! Die Kinder sitzen zu viel, bearbeiten zu viele Kopien, sollen häppchenweise Deutsch, Mathe, Sachunterricht lernen, hetzten von A nach B.
Wo bleibt das Handeln, das Begreifen das Tun? Werkstätten an Schulen gibt es selten oder gar nicht.
Zu viele Kinder sind auffällig in ihrem sozialen Verhalten, können keine Schnürsenkel binden, oder wissen kaum etwas vom Leben in der Natur.
Glücklicherweise gibt es in Berlin das SUZ (Schul-Umwelt-Zentrum). Hier lernen Schülerinnen und Schüler, dass Kartoffeln und Radieschen unter der Erde wachsen.
Immerhin hatte ich das Glück, und konnte die altersgemischte Klasse (1.-3. Kl.) beim Ausflug “Waldtag“ begleiten. Dieser “Waldtag“ fand etwa alle zwei Monate statt. Ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber immerhin. Nach langer Busfahrt, endlich im Wald angekommen, hörte ich Kinder rufen: „Iiiii, Frau Buzin, eine Spinne!“, oder Kinder stöhnen: „Frau Buzin, ich kann nicht mehr laufen!“
Dank der Waldpädagogen (Henning und Kata), konnten sich die Kinder nach einiger Zeit entspannen und fanden es toll, herumzustreuen. Nebenbei lernten sie Bäume und ihre Früchte kennen, oder wie man Kräutersalz und Holundersaft herstellt. Das Projekt “Schule im Wald“ war nach 2 Jahren vorbei, aber meine Motivation war groß. Es musste eine andere Möglichkeit geben, mit Kindern zu arbeiten.
In der Wildnis- und Naturschule Havelland fand ich genau meine Fortbildung. In 6 Modulen durch den Jahreskreis. Das aktuelle Thema für das Wochenend- Modul war stets eine angenehme Überraschung. So lernten wir verschiedene wunderschöne, friedliche Orte im Land Brandenburg kennen.
Neuen gleichgesinnten Menschen begegnen, sitzen im Kreis und räuchern wie die Indianer, schweigen. Gemeinsam eine Laubhütte bauen, gemeinsam singen, Bäume umarmen- und mit ihnen reden. Ein persönliches Highlight war mein Sitzplatz im Grunewald – meine Birke begrüßen, lauschen, mit Eulenblick schauen, durchlässig sein. Hier war ich ganz bei mir.
Gemeinsam Wildschweine, Rehe und Vögel beobachten, in die Stille hinein lauschen. Barfuß durch den Wald laufen, den Foxwalk üben, in der Jurte schlafen. Alleine in meiner selbstgebauten Lauthütte übernachten, in der Parforce-Heide Potsdam – Das war die Herausforderung für mich!
Feuerholz sammeln, Feuer schlagen, draußen kochen und essen, im Freien duschen, einen Korb flechten, einen Bow-Drill schnitzen, Tierspuren im Schnee bestimmen, und in der Schwitzhütte das Alte loslassen. Das alles tat der Seele gut.
Ich fühle mich wieder mit der Natur verbunden. Kindheitserinnerungen aus Luckenwalde wurden geweckt: frei sein, entdecken, ausprobieren, Spaß haben, spielen, singen, tanzen, ohne Termine oder Verpflichtungen. Einfach nur sein – im Hier und Jetzt.
Ich bin aufmerksamer, beobachte mehr, nehme mehr wahr, egal wo ich in der Welt unterwegs bin.
All die oben erwähnten Erfahrungen haben mich verändert. Ich nehme mir Zeit für mich! Nicht Allein-Sein, sondern All-EINS sein, mit Allem verbunden. Das fühle ich jetzt.
Mein Weg wird mich vermutlich in eine Natur- bzw. Waldschule, oder Freie Schule führen. Ich möchte eine Lernbegleiterin sein, an einem Ort, der Raum für alternatives Lernen bietet.“
Karin Buzin, Weiterbildung Wildnispädagogik (2016 – 2017)
Naturverbunden – das war ich schon immer. Leider hatte ich dies aus dem Blick verloren, das wollte ich unbedingt ändern – ich wollte wieder stärkeren Bezug zu meiner Umgebung, den Pflanzen, den Tieren. Obwohl ich keinen pädagogischen Hintergrund habe, entschied ich mich für die 1-jährige Wildnispädagogik.
Das erste Modul und die befremdlichen Rituale waren für mich zunächst ungewohnt, wurden aber schnell zu einer wertvollen Bereicherung. Ich erfuhr immer eine gesunde Mischung zwischen Wissensvermittlung, Austausch untereinander, Ausprobieren und Anregungen zum Erweitern der persönlichen Komfortzone. Schnell wuchs auch die Gruppe zusammen, und ich war jedes Mal gespannt, die neuen Geschichten der Anderen zu hören. Die Wochenenden in der Natur fanden immer an anderen, schönen Orten in Brandenburg statt, wobei sich jedes Modul um andere Themengebiete drehte. Zwischen den Modulen waren Hausaufgaben zu erledigen. Diese halfen mir am Ball zu bleiben und Neues zu lernen. Mein Fazit: Es war eine tolle Reise in die Natur, die für mich noch nicht zu Ende ist – es gibt noch viel zu entdecken!
Dr. Miriam Lübbecke, Weiterbildung Wildnispädagogik (2017 – 2018)
Als Erzieher wollte ich schon immer Erfahrungen mit der Natur sammeln und dieser Kurs war so intensiv, wohltuend, herausfordernd und atemberaubend. Mit den hinzugewonnenen Erfahrungen habe ich begonnen, die Natur mit all ihren Facetten wertzuschätzen. Neben Korbflechten, Pflanzenkunde, mit dem Feuerbogen Feuer machen und mehr möchte ich nicht verraten:)
Ich konnte Einblicke in eine spirituelle Welt erhaschen die uns Teilnehmern ein Gefühl von Gemeinschaft und Dankbarkeit vermittelte, die ich in der Gesellschaft schon lange vermisse. Ich könnte jetzt ewig weiter schreiben aber an der Stelle wo DU das liest und Sehnsucht nach Natur hast, empfehle ich dir diesen Kurs. Ich danke Alex, dass er seine Erfahrungen und sein Wissen mit mir geteilt hat und freue mich sehr darüber, diesen Schritt gegangen zu sein.
Feuer und Rauch
Salbei und Zeder
Süßgrastabak dazu
Feuer und Rauch
Salbei und Zeder
ein Teil vom Kreis bist du!
Waldschrat und Wikinger:) Erik (2017 – 2018)
Mit Wölfen leben
Genau genommen hat es in Deutschland nur etwa 50 Jahre ohne Wölfe gegeben. Obwohl regelrechte Ausrottungsfeldzüge bereits gegen 1650 begannen und die Wolfspopulation rund 200 Jahre später so gut wie erloschen war, gab es bis ins 20. Jahrhundert hinein immer noch einzelne Wölfe, die nach und nach verschwanden bzw. getötet wurden. Nahezu jedes dieser Tiere ging als „letzter Wolf“ in die jeweilige regionale Geschichtsschreibung ein. Der vorerst wirklich Letzte wurde 1904 im sächsischen Teil der Lausitz geschossen. …
PDF Voller Text: mit_woelfen_leben
Von den weißen Wurzeln des Friedens
Die Botschaft der Irokesen
Vor tausend Jahren verwandelten die Irokesen mit Hilfe eines legendären »Friedensstifters« eine Ära der Grausamkeit in einen stabilen Friedensbund.
Juni 1754. In Albany am Hudson River tagte eine Konferenz von historischer Dimension. Die einen kamen aus der Wildnis, um mit den Neulingen ihre politischen Erfahrungen zu teilen, die anderen waren Europäer und wollten die Wildnis zivilisieren und sich zu eigen machen. Die Wilden waren die »Six Nations«, die Liga der Irokesen: Mohawk, Oneida, Onondaga, Cayuga, Seneca, Tuscarora. Für ihren Bund nutzten die sechs Völker den Namen Haudenosaunee: Menschen, die in Langhäusern leben. Ein »Großes Gesetz des Friedens« diente ihnen als Verfassung und band die Stämme zusammen. Die Delegation der Ratsmitglieder, die von Frauen und Kindern begleitet wurden, führte Te Ye Neen Ho Ga Prow an, ein siebzigjähriger Häuptling der Mohawk, den die Briten Hendrick nannten. Er wusste sich wie ein Europäer zu kleiden, sprach fließend Englisch – neben den anderen Sprachen der Liga –, war zum Christentum konvertiert und hatte 1710 mit drei anderen Häuptlingen Queen Anne besucht und ihr die Unterstützung im Kampf gegen die Franzosen zugesagt. In London hatten die Vier auch – wie der Mohawk-Historiker und Linguist Sakokweniónkwas heute gerne spöttelt – »gelernt, dass man beim Trinken des Tees aus der dünnen Porzellantasse den kleinen Finger abspreizt«.
Die anderen waren Engländer; ihr Sprecher hieß Benjamin Franklin. King George II. von Großbritannien hatte ihn mit der diplomatischen Mission beauftragt, das Bündnis mit den Six Nations bei dieser Konferenz zu festigen und die »Covenant Chain« – den Bundesvertrag, symbolisiert durch eine Silberkette – zu neuem Glanz zu bringen und an ihre Gültigkeit zu erinnern; denn es galt, sich gegen die Überseemacht Frankreichs zu wappnen. Franklin, gelernter Buchdrucker, war 48 Jahre alt. Er trug sein braunes Haar schulterlang, war stets in gutes Tuch gekleidet und genoss beiderseits des Atlantiks beträchtliche Popularität. Er war ins Abgeordnetenhaus von Pennsylvania gewählt und zum stellvertretenden Postminister der englischen Kolonien ernannt worden. Im Vorjahr hatte er durch seine Experimente im Bereich der Elektrizität, vor allem für die Erfindung des Blitzableiters, internationalen Ruhm erlangt.
Solange Wasser in den Flüssen fließt und das Gras wächst
Blick auf das Bühnenbild: Wildnis trifft Zivilisation. In Te Ye Neen Ho Ga Prow und Benjamin Franklin standen sich damals zwei Protagonisten gegenüber, die sich jeweils auch in der Welt des anderen auskannten; wenngleich der Mohawk sich weiter in die fremde Kultur vorgewagt hatte.
Wildnis und Zivilisation. Hier scheiden sich bis heute die Geister. Am Puls der Natur: die Wilden; eben jenen Puls aufschneidend: die Zivilisierten. Ein immer wiederkehrendes Schema des Kolonialismus. Drei Jahrhunderte nach dem Treffen von Albany prognostizierte Sotsisowa, ein Philosoph und Schriftsteller der Seneca (mit amerikanischem Namen John C. Mohawk) die Kriege der Zukunft als »Kriege zwischen den Zerstörern der Natur und den Verteidigern der Natur.«
Wildnis und Zivilisation. Eine Begebenheit aus dem Jahr 1744 muss hier erzählt werden: Die Gesandten von Virginia, Maryland und Pennsylvania hatten sich mit einer Delegation der Haudenosaunee getroffen, um Fragen der Grenzziehung, des Handels und gegenseitiger Verpflichtungen zu erörtern. Ein mitreißender Redner hatte das Wort ergriffen. Es war Canasatego, ein Häuptling der Onondaga. Er empfahl den Kolonien eine Union nach dem Vorbild der Haudenosaunee; dabei hielt er in der Hand einen Zweig jener Kiefer, die die Siedler ob ihrer weißen Rinde White Pine nannten. Ihre langen, biegsamen Nadeln stecken zu fünft in einem Schaft am Ast. Ein solches Nadelbündel riss er ab, hob es hoch und sagte: »So wurde es uns vom Peacemaker (Friedensstifter), dem Gründer unseres Bundes, empfohlen: fünf autonome Völker, zusammengehalten durch eine gemeinsame Verfassung.« Sie waren fünf damals; erst 1722 wurden die Tuscarora aus dem Süden als sechste in den Bund aufgenommen.
Canasatego nahm auch zu Fragen der Bildung Stellung. Vertreter der Regierung von Virginia hatten den Haudenosaunee angeboten, zwölf junge Männer auf dem »College of Williams and Mary« in Williamsburg vier Jahre lang in den gängigen Wissenschaften zu unterweisen. Die Indianer überdachten das Angebot einige Tage und lehnten dann ab. Dies war Canasategos Antwort: »Wir mussten feststellen, dass die jungen Männer, die uns verlassen hatten, um an euren Schulen eure Wissenschaften zu erlernen, bei ihrer Rückkehr nicht mehr fähig waren, unsere Sprache zu sprechen, sie wussten nicht mehr, wie man das Wild in den Wäldern jagt, und konnten daher ihre Familien nicht ernähren, sie waren nicht in der Lage, Spuren zu lesen, konnten daher auch keine Feinde aufspüren, auch die Kriegskunst war ihnen abhandengekommen, kurzum: Sie waren zu nichts mehr nutze. Wir danken euch für das Angebot, das wir unter diesen Umständen ablehnen müssen. Aber wir bieten euch dafür an, einige eurer jungen Männer zu uns zu schicken. Wir werden sie in allem unterrichten, was wir wissen, und wir werden richtige Männer aus ihnen machen.«
Wildnis und Zivilisation. In Albany waren beide Welten gegenwärtig. Bis zur Eroberung durch die Engländer 1664 hatten die Holländer hier vom Land Besitz ergriffen. Mit ihnen hatten die Mohawk 1613 einen Vertrag geschlossen; damals noch ohne Unterschrift, das Dokument war eine Gabe, die beide Seiten aufbewahrten: Die Mohawk überreichten Guswenta, den Two Row Wampum, einen zweireihigen Perlengürtel. Die Holländer händigten im Gegenzug die erwähnte Covenant Chain aus, jene Kette, deren drei Glieder Frieden, Freundschaft und Achtung bedeuteten. Der Two Row Wampum zeigt zwei violette, parallele Streifen auf weißem Grund, die auf beiden Seiten des Gürtels in Fransen enden; damit ist symbolisiert, dass das Bündnis keinen zeitlichen Grenzen unterliegt. Die gleich breiten Streifen stehen für die Schiffe beider Vertragspartner: das Segelschiff der Holländer und das Rindenkanu der Indianer. Beide sollen auf dem Fluss des Lebens fahren, ohne je einander in ihrem Kurs zu behindern. Es war der erste Vertrag zwischen der Alten und der Neuen Welt.
Damals wurden jene berühmten Worte gesprochen, die später alle Verträge schmückten, wenngleich sie von den Weißen regelmäßig gebrochen wurden: Die Vereinbarung solle gelten, »solange die Sonne im Osten aufgeht und im Westen untergeht, solange Wasser in den Flüssen fließt und solange das Gras wächst.« »Ein Versprechen, das wir bis heute gehalten haben,« sagt Oren Lyons, seit vier Jahrzehnten ein Häuptling der Onondaga.
Benjamin Franklin sprach damals noch gern von »ignoranten Wilden«. Erst zwanzig Jahre später, als er in Europa weilte, verfasste er einen Essay, in dem er einen verständigeren Ton anschlug: »Wilde nennen wir sie, da sich ihre Sitten von den unseren unterscheiden und wir die unseren als Perfektion der Höflichkeit betrachten; mit dem gleichen Blick betrachten sie uns.« Doch schon damals muss ihn die Union der Six Nations beeindruckt haben. Auch die englischen Kolonien sollten eine solche Konföderation bilden, für sie sei ein solcher Schritt »viel wichtiger als für die Ureinwohner«, schrieb er.
Spaltung führt zu Zerstörung
Der Plan einer Konföderation, wie ihn Franklin anvisierte, fand bei den Kolonien jedoch nicht den Widerhall, den er sich erhofft hatte. Er verfasste Druckschriften, um die Vorteile einer Liga zu demonstrieren; einmal mit einem Holzschnitt: eine Schlange, in acht Stücke geschitten, dazu der Slogan: »Join or Die« (Mach mit oder stirb!). Erst nach der Amerikanischen Revolution sollte das Bild der indianischen Konföderation die Gründerväter wieder beschäftigen.
Im Unabhängigkeitskrieg der Kolonien mit dem Vereinigten Königreich rieten viele Häuptlinge zur Neutralität, konnten sich jedoch nicht durchsetzen. Außerdem hatte eine Pockenepidemie unter den Onondaga gewütet und den Großen Rat der Haudenosaunee beschlussunfähig gemacht. Joseph Brant, der Mohawk-Häuptling, der Latein und Griechisch sprach und einst Hendrick an den Hof von Queen Anne begleitet hatte, versuchte, die Sechs Nationen auf die Seite der britischen Truppen zu holen. 1777 verbündeten sich die Mohawk, Cayuga, Seneca und die überlebenden Onondaga mit den Briten; Oneida und Tuscarora wechselten zu den Aufständischen über. Eine solche Spaltung war nicht ungewöhnlich für eine Stammes-Konföderation, in der niemand die Befehlsgewalt über alle hatte.
Die Rache der Revolutionäre an den Verbündeten der Briten war fürchterlich. George Washington schickte einen seiner Generäle aus, um die Sechs Nationen von der Karte zu tilgen. John Sullivan zog mit seinen Soldaten mordend und plündernd nach Norden, vernichtete 40 Siedlungen mit insgesamt über 500 Langhäusern, zerstörte sämtliche Obstgärten und verbrannte eine Million Scheffel Mais. Der Präsident heißt bei den Haudenosaunee seitdem Hanadahguyus, »Stadtvernichter«. Dieser Name passe immer noch, urteilt Onondaga-Chief Oren Lyons, denn – »auch heutige Präsidenten der USA zerstören weiterhin Städte.« Wenn sie einen Brief an den Präsidenten schreiben, dann lautet die Anrede stets: Dear Hanadahguyus!
Das Große Gesetz des Friedens
Juni 1973. Ich komme als junger Journalist nach Onondaga. Von allen sechs Nationen ist Onondaga die einzige, die ihre Souveränität in die Neuzeit retten konnte, wenngleich auch nur auf 36 Quadratmeilen südlich der Universitätsstadt Syracuse im US-Staat New York; alle anderen Mitglieder der Liga wohnen in Reservaten; dies darf jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass die Mehrheit aller sechs Nationen auf ihre Souveränität pocht und auch Konfrontationen mit Polizeikräften nicht scheut.
Onondaga ist wie das Dorf der Gallier, das sich erfolgreich der »römischen« Besatzung widersetzt. Kaum ein Amerikaner weiß von dieser anderen Welt, die meisten würden lachen über einen »Staat im Staat«. Dennoch: US-Sicherheitskräfte wagen es nicht, diese Grenze ungefragt zu überschreiten.
Dewasenta, die Clanmutter des Aal-Clans (amerikanischer Name: Alice Papineau) nimmt mich in ihr Haus auf; bis zu ihrem Tod im September 2000 sollte ich Teil ihrer Familie sein. Stolz zeigt sie mir ihren Haudenosaunee-Pass, mit dem sie im Vorjahr zur UN-Umweltkonferenz nach Stockholm gefahren ist. Einen Tag nach meiner Ankunft ist großer Aufbruch. Die meisten Mitglieder der Ratsversammlung fahren nach Brantford am Grand River in der kanadischen Provinz Ontario, wo Jake Thomas, einer ihrer Ältesten, das Große Gesetz des Friedens vier Tage lang vortragen und diskutieren wird. Dazu gehört auch die Geschichte von Deganawida, dem Gründer der Liga.
Dewasenta bleibt daheim. So erfahre ich die Geschichte des Großen Gesetzes aus ihrem Mund.
Wir gehen zum zentralen Langhaus, hinter dem eine hohe Kiefer steht, die Zikaden in den Ulmen sind schrill, sie führt mich ins Innere, es ist still, in der Luft hängt der Geruch von Süßgras, an den Wänden hängen Wampums, Rasseln aus Schildkrötenpanzern, Federhauben, Fotos von früher. Dewasenta beginnt vor fast 1000 Jahren, und es klingt, als sei sie dabeigewesen: Die fünf verwandten Stämme Mohawk, Cayuga, Oneida, Seneca und Onondaga zerfleischen sich mit unerbittlicher Härte. Grausamkeit gilt als Tugend, Kannibalismus gehört zur Kultur, ihre Langhaus-Dörfer sind umgeben von Palisaden und Mauern der Angst. Bis eine Lichtgestalt – »Wir nennen ihn den Peacemaker, sein Name Deganawida soll im Alltag nicht ausgesprochen werden« – erscheint und in zäher Überzeugungsarbeit aus den Verfeindeten Verbündete macht. Von nun an sind sie die Konföderation der Haudenosaunee – die Menschen der langen Häuser.
Im Territorium der Onondaga legt der Peacemaker die Wurzeln einer Kiefer bloß und läßt alle Kriegshäuptlinge ihre Keulen und Tomahawks begraben. »Das Kriegsbeil begraben«, sagt Dewasenta, »diese Redewendung erinnert daran.« Die weißen Wurzeln, die in alle Richtungen weisen, nennt er die »weißen Wurzeln des Friedens«; wer immer ihren Schutz suche, dürfe nicht abgewiesen werden. Dann entwirft der Peacemaker die Verfassung des Völkerbunds: Gayanashagowa, das »Große Gesetz des Friedens«. Die Gesellschaft ist von nun an in einer Clan-Struktur geordnet, die Totem-Tiere der Clans sind Wolf, Bär, Biber, Schildkröte, Schnepfe, Aal, Hirsch und Kranich. Jedem Clan steht eine Clanmutter vor; Dewasenta spricht darüber mit Selbstverständnis und Stolz: »Bis heute wachen wir Clanmütter über den respektvollen Ablauf der Ratssitzungen; nie darf ein Redner unterbrochen werden, und nie darf die Versammlung nach Sonnenuntergang noch tagen. Wir Frauen haben die Pflicht, Häuptlinge zu ernennen, und wir haben die Macht, sie abzusetzen, wenn sie persönliche Interessen über die Interessen der Gemeinschaft stellen.«
Wie wird ein Häuptling seines Amtes enthoben? »Wir sprechen drei Warnungen aus. Bleiben sie ohne Erfolg, dann nehmen wir ihm die Hörner«, sagt sie ernst. Sie benützt den Ausdruck »dehorn«. Zur Häuptlingswürde gehört eine Federhaube mit den Hörnern eines Rehbocks: Antennen zur unsichtbaren Welt.
Können die Häuptlinge entscheiden? »Nein«, sagt Dewasenta, »sie haben nicht die Macht wie die Staatsoberhäupter in euren Demokratien, in denen immer eine Minderheit zu kurz kommt. Sind unsere Häuptlinge in politischer Mission unterwegs, sei es bei den Lakota in South Dakota oder bei der UNO in Genf, können sie nur vortragen, was im Konsens unter Beisein von uns Clanmüttern besprochen wurde; stellt sich ein neues Problem, das eine Entscheidung verlangt, müssen sie es zu uns zurück ins Langhaus tragen.«
Die Transformation eines Diktators
Bis heute ist der oberste Häuptling ein Onondaga, er eröffnet
und beschließt jede Sitzung. Bis heute trägt er den Titel Tadodaho und erinnert so an den gleichnamigen, blutrünstigen Onondaga-Despoten, der mit dunklen Zauberkräften seine Umwelt terrorisierte und Menschenblut trank. Sein Körper war, so wird erzählt, von Hass gekrümmt, aus seinen Haaren wuchsen Schlangen. Der Peacemaker und sein Gefolge zogen singend auf ihn zu, und, so wird erzählt, sie behandelten ihn wie einen Kranken, verhalfen ihm wieder zu einer menschlichen Gestalt, und sie kämmten die Schlangen aus seinen Haaren. Als er wieder zu einem mitfühlenden Menschen geworden war, ernannte ihn der Peacemaker zum Feuerhüter, den Hüter des Großen Gesetzes. Der Tadodaho wird immer aus dem Kreis der Onondaga gewählt; er hat keine Macht, aber die meiste Verantwortung; er eröffnet und beschließt die Sitzungen. »Der Tadodaho erinnert uns immer daran, dass in jedem von uns auch das Böse erwachen kann. Unser Großes Gesetz des Friedens sorgt dafür, dass es nicht erwacht«, sagt Dewasenta.
»Die Transformation eines Diktators zum Friedenswächter, die Wandlung eines Terrorregimes zur Demokratie mit matrilinearer Struktur«, sagt Chief Oren Lyons, Dewasentas Neffe, »hier kann die Welt etwas lernen!« Es wäre ein Paradigmenwechsel, wie er radikaler kaum sein kann: Stellen wir uns vor, die Schreckenspersonen unserer Zeit wären auf spirituellem Weg geläutert worden, und ein künftiger Friedensbotschafter der UNO trüge den Amtstitel »Milošević« oder »Saddam Hussein« …
Dewasentas Bruder Leon Shenandoah ist der Tadodaho in jenen Jahren. Ich kann erleben, was sein Amt bedeutet: Unbekannte laden nachts Asbest in die Kiesgrube. Von nun an wird der Schuttplatz bewacht; zu den Nachtwächtern gehört der Tadodaho. Ein Haus brennt ab. Wo kommt die Familie unter? Im Haus des Tadodaho.
Mitte der neunziger Jahre legten die Historikerin Barbara Mann und der Astronom Jerry Fields von der Toledo University in Ohio sogar das Datum der Gründung der Friedensliga fest: Es war wahrscheinlich der 31. August 1142. In den mündlichen Überlieferungen ist von einer langen totalen Sonnenfinsternis die Rede, die mit der Versammlung zusammenfiel, bei der die Seneca ihren Beitritt zum Völkerbund erklärten.
Kolonialismus heute
Juni 2010. In der englischen Stadt Manchester soll die LaCrosse World Championship ausgetragen werden. LaCrosse ist ein Spiel, das die Welt den Haudenosaunee verdankt. Mit Netzschlägern wird der Ball geschleudert und gefangen; über zwanzig Nationen nehmen an den Weltmeisterschaften teil. Das britische Konsulat in New York verweigert den »Iroquois Nationals« Visa, da die Mannschaft »mit ungültigen Pässen« reise. Die neuen Pässe, die den internationalen Sicherheitsvorschriften genügen werden, sind bereits bei einer deutschen Firma in Auftrag gegeben. US-Außenministerin Hillary Clinton schaltet sich ein, um die Pässe zu legalisieren. Umsonst. Die Weltmeisterschaften finden ohne die »Iroquois Nationals« statt.
22. September 2010: Ein Bundesgericht weist eine Klage ab, die Tadodaho Sidney Hill 2005 eingereicht hatte. Die Onondaga wollten die Verantwortung für einen Landstreifen übernehmen, der von Pennsylvania bis zur kanadischen Grenze reicht und der ihnen durch Vertragsbrüche entwendet worden war. Die Klage fordert jedoch nicht das Land zurück, sondern hat die Umweltgefahren zum Inhalt. Lake Onondaga gilt als der am stärksten verseuchte See Nordamerikas, zu den Verursachern gehört die Firma Honeywell. Die Onondaga bieten an, ihre Experten, ihr Wissen, ihre Vorschläge einzubringen und gemeinsam mit den Regierungsorganisationen jenen See zu retten, an dessen Ufern der Peacemaker einst sein Modell des Völkerbunds in die Tat umgesetzt hatte. Die Klage beginnt mit den Worten: »Das Onondaga-Volk wünscht sich eine Heilung der Beziehung zwischen ihnen und allen anderen, die in dieser Region, die seit Anbeginn der Zeit Heimat der Onondaga-Nation war, leben.« Einen Heilungsprozess einzuleiten, ist in den Augen des Richters »ein Akt, der Unfrieden stiften kann«. Im Langhaus herrscht Unverständnis.
Der heutige Tadodaho Sid Hill ist niedergeschlagen: »Das Große Gesetz des Friedens lehrt uns, dass wir für das Wohlergehen der kommenden sieben Generationen verantwortlich sind. Wir sind hier, weil unsere Vorfahren dieser Weltsicht folgten. Das Große Gesetz verlangt, dass wir immer die Schöpfung als Richtline unseres Tuns ansetzen, dazu gehört, dass wir unserem Schöpfer, dem Universum, den Sternen und der Erde danken für die Kräfte und Gaben, die uns ein Leben in Gemeinschaft mit allen anderen Wesen auf diesem Planeten erlauben. Alles lebt. Und wir sind verantwortlich. Diese Verantwortung hat uns vor Gericht geführt. Die Absage zeigt uns: Der Richter kann uns nicht hören, weil seine Ohren nicht offen sind, er kann unsere Botschaft nicht erkennen, weil seine Augen getrübt sind, er kann unsere Absichten nicht verstehen, weil sein Kopf nicht klar ist. Wir haben Zeremonien, die für einen klaren Verstand sorgen, doch wir können sie niemandem aufdrängen. Die Entscheidungsträger der weißen Welt agieren, als hätten sie den Verstand verloren.«
Literatur zu den Haudenosaunee:
Wagner, Thomas: Irokesen und Demokratie. Lit Verlag, 2004 • Lyons, Oren; Mohawk, John (Hrsg.): Exiled in the Land of the Free. Clear Light Publishers, 1992 • Porter, Tom: And Grandma said. Xlibris, 2008
Quelle: http://www.oya-online.de/article/read/235-Von_den_weissen_Wurzeln_des_Friedens.html
Bibertour mit dem Kanu
Das Land, durch das die Havel fließt, ist mit seinen vielen Nebengewässern und Flußauenfragmenten ideales Zuhause für unsere Biber (Castor fiber).
Oft hat man die Chance, in der Abenddämmerung, manchmal auch am Tage, Biber zu beobachten. Die beste Vorraussetzung dafür ist, sich dabei in einem inneren Modus der Ruhe, Entspanntheit und Verbundenheit zu befinden, denn meistens flieht alles Lebendige die absichtsvolle, fokussierenden Ausstrahlung. Spürt man, dass man nicht im Modus der inneren Ruhe ist, kann man versuchen, sich bewußt in diesen Zustand bringen. Es ist also der Biber, der uns dazu veranlasst. Wir wollen ihn ja sehen und beobachten, ihm nahe sein. So entsteht dann die Verbindung zwischen uns und den Bibern. Genau das ist die geheimnisvolle und wunderbare Wechselwirkung zwischen Mensch und Tier. Auch zwischen Mensch und Mensch?
Auf dieser geführten Tour gleiten wir in entspannter Ruhe und ohne Hast mit unseren Kanus durch den, wenn wir besonderes Glück haben, spiegelglatten See. Sichten wir Biberspuren, ist dies eine gute Gelegenheit, Fragen zu stellen und uns so mit der Lebensweise des Bibers auseinander zu setzen, lebendiges Wissen aufzunehmen. Mit etwas Glück begegnen wir spätestens in der Abenddämmerung unserem Freund und seinen Bekannten. Wir werden dabei von den abendlichen Rufen verschiedener Wasservögel begleitet.
Weil Wind und Regen sehr autonom lebende Naturwesen sind, müssen wir uns ihren Stimmungen unterwerfen und sehr flexibel sein. Das heißt: Die Bereitschaft den Termin kurzfristig zu verschieben, wenn sich einer von Beiden oder beide zusammen gerade dazu entschlossen haben, sich auszutoben.
Der genaue Treffpunkt wird via Email nach der Anmeldung bekannt gegeben.